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Anne imhof
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Anne Imhof, Darling des Kunstbetriebs, im Kunsthaus Bregenz: Wer das Architekturwunder von Peter Zumthor betritt, das keine Alterserscheinungen zeigt, der wird mit einem großflächig projizierten Video konfrontiert, das die Künstlerin (schatten-)boxend zeigt. Dazu wird Musik aus der „West Side Story“ eingespielt. Imhof nennt ihren Videoclip aus den frühen 2000er-Jahren „Maria“, nach einer der Hauptfiguren des Musicals. Beim Gespräch mit Kunsthaus-Direktor Thomas D. Trummer erklärt die 46-Jährige: „Ich habe, glaube ich, gedacht, ich bin sowas wie ein Romeo, der gegen sich selbst kämpft.“ Insgesamt werden sechs bisher nicht veröffentlichte Videoarbeiten aus dieser Schaffenszeit gezeigt. Immer im Fokus: Imhof und ihre „Wahlfamilie“.
Die Performance gilt als ihr Urmedium. 2016 sorgte sie hierzulande mit dem Zyklus „Angst“ für Aufsehen. Ein Jahr danach bespielte sie den deutschen Pavillon bei der Biennale von Venedig. Ihre Choreografie „Faust“, in der sie Motive wie Macht und Ohnmacht, Isolation und Integration thematisierte, wurde mit dem „Goldenen Löwen“ der Biennale ausgezeichnet. Ein Kritiker beschrieb die Performance kompakt als „Laufsteg aus der Hölle“. Der Auftritt in Venedig brachte ihr den künstlerischen Durchbruch.
Inzwischen kleben viele Etiketten an Imhof. „Chronistin einer kollektiv verstörten und vereinsamten Gesellschaft“ ist eines der fantasievollsten. Im Gespräch mit Trummer wirkt sie so gar nicht endzeitlich gestimmt, präsentiert sich offen und locker. Ihre wichtigste Botschaft: Sie verzichtet in Bregenz auf die Performance. Stattdessen setzt sie auf althergebrachte künstlerische Ausdrucksmittel:
Video, wie gesagt, Gemälde, Reliefs, Zeichnungen und Skulpturen.
Dabei greift sie in die Architektur des Kunsthauses ein. Im zweiten Geschoss hat sie ein Absperrgitter installiert, um den Raum vertikal zu unterteilen, sowie einen stählernen Bühnenboden, der sich bis unter die Decke zieht.
Diese „Bühnenlandschaft“ erinnert an den erhöhten Glasboden ihrer Aktion
in Venedig.
Ein Beispiel für das kollektive Moment ihrer Arbeit − Stichwort „Wahlfamilie“ − sind die Close-ups von Nukleardetonationen, die am Computer gebaut, danach auf Leinwand gedruckt und übermalt wurden. Für diese Serie arbeitete Imhof mit den besten Malern zusammen, die sie je getroffen habe, sagt sie.
Den Gemälden, die im Obergeschoss hängen, wohnt eine eigene Ästhetik des Schreckens inne. Sie entstanden aus ihrer Angst vor einem Atomkrieg.
Ein anderes Bild erinnert an die Aufnahme einer Wärmebildkamera, ein verpixeltes Werk handelt von Tod, Zerstörung, aber auch von Schönheit.
Es zeigt eine Person, die sich eine Pistole an den Kopf hält, „die Geste des Freitodes“ (Imhof).
Neu in Imhofs künstlerischem Warenkorb sind die „vandalierten“ Bronzereliefs, skulpturale Umsetzungen ihrer Zeichnungen, von denen in Bregenz eine ausgestellt wird. Auf dem Blatt ist ein Völkchen versammelt, über dem die Sichel schwebt. Ein Totentanz? Über zwei Stockwerke verteilt stehen Bänke, auf denen gebrauchte Trikots liegen. Imhof will damit jenen Moment belegen, in dem Mann/Frau im Fitnessstudio die Kleider ablegt: „Man vergleicht sich dabei mit den Körpern der anderen, das ist bei mir sehr dysphorisch aufgeladen.“
Obwohl in Bregenz keine Performance zu sehen ist, sei es doch die bisher performativste Ausstellung, sagt Imhof. Was die diversen Kunstwerke angeht, die sie zusammenbringt, ist es womöglich ihre gewichtigste Ausstellung. Sie titelt sie übrigens „Wish You Were Gay“, eine Verballhornung des Pink-Floyd-Songs „Wish You Were Here“. Welche Idee dahinter steckt? Anne Imhof im Interview: „Wären alle gay, gäbe es weniger Probleme auf der Welt.“ Und lacht. Sie kann auch Ironie.
Siegmund Kopitzki
Bis 22. September 2024
Wish You Were Gay
Kunsthaus Bregenz
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7/2024